Der Podcast zum Thema

Die Prostata-Spezialisten

Ein ganzer Podcast zur Prostata?

Wer? Was? Warum?

Into:
Herzlich willkommen zu unserem Podcast: Die Prostata-Spezialisten. Wir laden Sie herzlich ein, in die Welt der Prostata einzutauchen und alles über und um die Prostata herum zu erfahren. Die Protagonisten der heutigen Folge sind Bernhard Strobel und Florian Mayer. Viel Spaß beim Zuhören.

Florian:
Wer sind die Prostata Spezialisten? Ich bin einer dieser beiden Spezialisten. Mein Name ist Dr. Florian Mayer. Ich bin Facharzt für Radiologie und wie Sie dem Titel entnommen haben, sind es „Die Spezialisten“. Ich mache das nicht alleine, sondern mit meinem Gegenüber. Bernhard, wenn du dich kurz vorstellen willst.

Bernhard:
Hallo zusammen, ich bin der Bernhard Strobel. Ich bin einfach nur Prostatiker. Ich habe meine BPH Probleme hinter mich gebracht. Ich bezeichne mich und ich fühle mich heute als geheilt. Und ich werde auf diesem Wege meine ganzen Erfahrungen aus der Sicht des Patienten mit einbringen. Und ich freue mich auf die Dialoge mit dir, Florian. Und ich freue mich vor allen Dingen auf alle Gäste, die wir auch in Zukunft noch in diesen Podcast mit einbinden werden. Ich denke da kommt eine ganze Menge an Erfahrungen zusammen, von denen ihr da draußen alle profitieren könnt.

Florian:
Wir wollen noch einen kurzen Ausblick geben um welche Themen es sich handeln wird. es wird natürlich um die normale Prostata gehen. Wo liegt sie? Wie groß ist sie? Warum liegt sie dort? Was macht die Prostata für Probleme? Im Rahmen der gutartigen Prostatavergrößerung aber wird es natürlich auch in weiten Teilen des Karzinoms gehen. Natürlich um den PSA, der ja nicht nur unter den Betroffenen, sondern auch unter der Ärzteschaft nicht unumstritten ist. Es wird im Allgemeinen um Symptome gehen, die die Prostata verursachen kann. Aber es wird natürlich auch in großem Maße um soziale Probleme gehen, um zwischenmenschliche Probleme, um Beziehungsprobleme, die von der Prostata ausgehen. Und da freuen wir uns ganz besonders drauf, dass wir das zum einen zu zweit, aber natürlich auch mit vielen Gästen diese Themen beleuchten können. Und wir freuen uns, wenn ihr Folge für Folge mit dabei seid, wenn ihr uns schreibt, was ihr für Themen haben wollt, wenn wir Feedback von euch kriegen, wen wir interviewen sollen oder dürfen, auch wenn ihr selber Themen habt, zu denen ihr selber Stellung nehmen wollt, schreibt uns, wir freuen uns drauf.

Bernhard:
Und womit wollen wir anfangen? In der nächsten oder der ersten Folge?

Florian:
Wir fangen natürlich mit der Volkskrankheit, der BPH, an und werden uns in aller Ausführlichkeit über Diagnostik, Therapiemöglichkeiten und Schwierigkeiten auslassen.

Bernhard:
Dann freue ich mich darauf. Es ist mein Thema.

Florian:
Ich mich auch. Bis zum nächsten Mal.

Benigne Prostatahyperplasie | Wo kommt sie her, wo geht es damit hin?

Florian:
Herzlich willkommen zu unserem Podcast. Die Prosatataspezialisten. Wir laden Sie herzlich ein, in die Welt der Prostata einzutauchen und alles über und um die Prostata herum zu erfahren. Die Protagonisten der heutigen Folge sind Bernhard Strobel und Florian Mayer. Viel Spaß beim Zuhören.

Berhnard:
Ja, hallo zusammen, hier sind wir wieder „Die Proststaspezialisten“. Heute darf ich durch das Thema führen. Mein Gesprächs- und Dialogpartner ist, wie schon angekündigt, Herr Dr. Florian Mayer und ich freue mich ganz besonders das Thema der gutartigen Prostatavergrößerung, der BPH und was es da noch alles so für Begrifflichkeiten gibt heute mal zu behandeln. Und bevor wir in das Thema einsteigen aus der Sicht des Patienten und wie es mich so alles erwischt hat. Florian benigne Prostatahyperplasie, BPH, BPS kläre uns einfach mal auf, Du als Mediziner, erkläre es doch bitte für uns Laien so, dass wir es verstehen.

Florian:
Ja, das ist gar nicht so einfach, wenn es dann wirklich um medizinische Fachbegriffe geht. Ich glaube die gutartige Prostatavergrößerung erklärt sich von selber. Die Prostata wächst im Alter aus unterschiedlichen Ursachen. Und der Begriff geht mit dem Zusatz „gutartige“ Prostatavergrößerung einher, sodass es sich also sicher um einen gutartigen Prozess handelt, der die Prostata schlicht und ergreifend vergrößert. Dann haben wir die Abkürzung die BPH und da wird es gelegentlich schon schwierig. Richtig ist die benigne Prostatahyperplasie, benigne ist der Fachbegriff für gutartig und dann eben die Prostatahyperplasie. Aber es schwirrt auch immer noch die benigne Prostatahypertrophie im Raum herum und da gibt’s eben einen kleinen aber feinen Unterschied, der am Ende zum gleichen Resultat führt. Bei der benignen Prostatahyperplasie ist es so, dass mehr Zellen die Prostatavergrößerung verursachen, wohingegen bei der fälschlich gebrauchten benignen Prostatahypertrophie die Zellen, die da sind einfach größer werden. Und um es nochmal klar zu sagen, es geht in dieser Folge um die benigne Prostatahyperplasie. Also wenn mehr Zellen über die Zeit in der Prostatakapsel beheimatet sind, weil die sich dort langsam teilen. Und dann ist es natürlich so, wenn man sich überlegt, dass dieses ganze Geschehen innerhalb der Prostatakapsel stattfindet, dass natürlich über kurz oder lang der Druck in der Prostata steigen muss. Rein anatomisch ist es so, dass die Harnröhre unten aus der Blase austritt, dann direkt in die Prostata eintritt, und im vorderen Drittel verläuft und unten aus der Prostata wieder austritt.

Florian:
Wenn der Druck in der Prostata jetzt also steigt, ist klar, dass auch der Druck auf die Harnröhre steigen muss. Man kann es sich am besten vorstellen, wenn man zu Hause auf einen Gartenschlauch tritt. Dann steigt der Druck auf den Gartenschlauch und dann ist auch klar, dass vorne letztlich weniger ankommt. Es sei denn, man erhöht den Druck hinten am Wasserhahn. Der Wasserhahn bei der Prostata ist also die Blasenmuskulatur, wenn dort der Druck erhöht wird, dann ist es natürlich weiterhin möglich, den Urin loszuwerde. Irgendwann aber eben nicht mehr ganz, weil die Blase zum Schluss nicht mehr in der Lage ist, auch den letzten Rest aus der Blase hinaus zu befördern. Der Druck ist eben in der Prostata auf die Harnröhre zu hoch und dann entsteht Restharn und dieser Restharn verringert natürlich das Volumen, das in die Blase von der Niere wieder aufgenommen werden kann. Dann werden die zeitlichen Intervalle zwischen den Wasserlassepisoden immer kürzer und das Wasserlassen an sich dauert immer länger dauert. So viel aus der medizinischen Theorie. Bernhard, Du hast das ja alles hinter dir. Du hast teils genickt, teils den Kopf geschüttelt. Wie hast du’s denn wirklich praktisch erlebt?

Berhnard:
Na ja, Florian, so schnell möchte ich dich jetzt im Moment noch nicht aus der medizinischen Theorie entlassen, denn es ist ja nicht so einfach, einfach nur festzustellen: „Ich habe eine gutartige Vergrößerung. Ich habe ja zunächst einfach mal Beschwerden mit meiner Prostata und erst über die Beschwerden könnte man dann auf die Idee kommen, eine BPH zu diagnostizieren. Aber in meinem Innersten, als ich diese ganzen Beschwerden hatte, hab ich auch irgendwann einmal etwas gehört, dass es noch sowas gibt wie eine Entzündung. Ich hab auch gehört, dass es so etwas geben soll wie ein Prostatakarzinom, also einen Tumor. Das heißt, ich war nicht ganz so fröhlich mit meinen Prostatabeschwerde, weil ich ja zunächst mal nicht wusste, was kommt denn da wirklich auf mich zu? Was hab ich denn eigentlich, dass ich dann am Schluss durchaus sehr glücklich war, weil es eben nur „eine BPH“ ist, ist klar. Aber meine Frage. Kann man die BPH, also die gutartige Vergrößerung oder eine Entzündung oder ein Karzinom ohne weiteres voneinander trennen? Oder kann es auch sein, dass das eine mit dem anderen kommt?

Florian:
Ja, es kann natürlich sein, dass das eine mit dem anderen kommt und es unter Umständen gar nicht so einfach, das eine von dem anderen zu differenzieren. Fangen wir am Anfang an mit der Entzündung, also der Prostatitis, dass ist eine Erkrankung, die wirklich mit einem akuten Krankheitsverlauf einhergeht, wo die Patienten innerhalb kurzer Zeit, also weniger Stunden massive Schmerzen haben, was mit Fieber kommen kann und häufig mit einem Harnverhalt einhergeht. Da ist die Diagnose aufgrund des zeitlichen Verlaufes und der Klinik, also den Beschwerden, die der Patient bietet, relativ einfach, weil es eben mit akut eintretenden Beschwerden einhergeht. Jetzt hast du gesagt, ist noch das Prostatakarzinom versus die BPH abzugrenzen. Das ist ohne weiteres nicht so einfach möglich. Da bedarf es in der Tat weiterer Diagnostik, weil es natürlich auch gar nicht selten vorkommt, dass man beides findet. Das man letztlich innerhalb der BPH auch Knoten findet, die Kriterien von einem Prostatakarzinom haben. Da kann einem der PSA bedingt weiterhelfen. Wenn er sich im Normbereich aufhält, dann kann man davon ausgehen, dass die Wahrscheinlichkeit gering ist, wirklich ein Prostatakarzinom zu haben. Es gibt keine abschließende Sicherheit, aber es ist Hinweis gebend auch bei der BPH. Vor allem wenn die sehr groß ist, steigt der PSA, weil die Prostatazellen selbst den PSA bilden. Wenn ich jetzt mehr Prostatazellen habe, habe ich natürlich auch mehr PSA. Da haben sich Begriffe etabliert wie die PSA-Dichte oder der PSA-Quotient, wo man nochmal Hinweise darauf bekommen kann, ob man jetzt weiter zu dem Prostatakarzinom hin diagnostizieren muss oder ob es möglicherweise wirklich einfach nur die BPH ist. Ich als Radiologe sehe natürlich im Rahmen der MRTs einen deutlichen Vorteil das Eine von dem Anderen zu differenzieren. Wenn es da keine Zeichen für ein Prostatakarzinom gibt, dann kann man sich mit der Diagnose der gutartigen Prostatavergrösserungschon schon ziemlich sicher sein .

Berhnard:
Mir tut das was du sagst sehr gut, weil mir klar wird, dass ich seinerzeit mit meinen Beschwerden den richtigen Weg gegangen bin und mir klar war, dass so wie du es auch jetzt beschreibst, die Diagnose zunächst einmal über die klare Formulierung der eigenen Beschwerden gestellt werden kann. Das heißt, wenn ich ganz klar sagen kann, welche Beschwerden ich habe und gegebenenfalls auf Nachfragen des Arztes auch klare Antworten geben kann, ist es viel einfacher, in eine entsprechende Richtung zu diagnostizieren und dann entsprechend zu therapieren. Für mich war es auch deshalb so wichtig, weil ich ja in meinem Bekannten und Verwandtenkreis nicht nur einen habe, der das Thema Prostatakarzinom nicht überlebt hat. Und wenn man heute mit Prostatabeschwerden zum Urologen geht, dann schwingt schon der eine oder andere Gedanke mit: „Was könnte da noch alles sein?“ Aber zu deiner Frage, wie es mir damals ging. Ach ja, Gott sei Dank ist es vorbei. Ich war seinerzeit Chauffeur. Ich habe Personen von A nach B mit Limousinen transportiert. Und dort ist es einfach wichtig, dass die Fahrgäste sicher und pünktlich von einem Ort zum anderen kommen. Das Problem ist aber, bei dieser Fahrt sollte man nicht einschlafen. Das heißt, diese Müdigkeitsattacken passen nicht zu diesem Job. Was auch nicht zu diesem Job passt, ich kann einen Fahrgast nicht alle 15 Minuten oder alle halbe Stunde fragen, ob ich mal bitte halten darf, weil ich auf die Toilette muss. Der Fahrgast muss davon ausgehen, dass die Fahrt im Normalfall von A nach B in einem Rutsch funktioniert. Dieses Phänomen, dieses Müdesein, dieses immer wieder auf die Toilette müssen hat seinen Ursprung darin dass ich nachts nicht mehr vernünftig schlafen konnte. Ich wurde immer wieder wach. Ich muss auf die Toilette. Ich wollte mal schnell auf die Toilette. Aber mit schnell geht da auch nichts. Es fängt an zu tröpfeln, es fängt an zu laufen und denkt man sich: Ok, jetzt ist man fertig. Und dann steht man auf und da geht es gerade wieder von vorne los. Diese Summe aus diesen Beschwerden und dann dieser innere Druck, dass der Harnstrahl immer dünner wird, das ist so unangenehm. Aber mit dem kann man noch leben. Für mich war dann irgendwann „Ende Gelände“ als es bei einem Orgasmus das Gefühl war da läuft eine Pumpe leer, eine Wasserpumpe oder Wasser. Man spricht immer so ganz lästerhaft. Na, wie geht’s? Luftpumpe? Oder immer? Geht’s noch oder ist schon Luft? Früher haben wir da drüber gelacht, aber in dem Augenblick ist es dann einfach vorbei. Dann ist Schluss mit lustig. Dann kam halt irgendwann der Moment. Du kommst nicht drum herum. Du musst jetzt zum Arzt. Dann bin ich zum Arzt, sondern hab ich eben einfach beschrieben, was alles los war. Ich habe akzeptiert wie er mich untersucht hat, den PSA hatten wir nicht festgestellt. Er hat eine Röntgenaufnahme gemacht von meiner Prostata. Er hat einen Ultraschall gemacht, von der Prostata. Er hat mich abgetastet und dann hatt er das Röntgenbild an die Wand gehängt und sagte: Naja Herr Strobl, wo sehen Sie? Dann sage ich: Ja gut. Die Hüfte ist auch nimmer so gut. Sagt er: Ja, das sehe ich auch. Aber zum Thema Prostata sagt er: Die ist schon richtig groß. Und der Druck der Prostata von unten auf die Blase ist halt auch da. Das ergibt dann immer in der Blase eine entsprechende Restharnmenge. Ohne dass wir jetzt weiter über Therapien gesprochen haben, war dann meine erste Frage: Was heißt das? Wie kriegen wir das hin? Was kommt da auf mich zu? Naja, und dann hat er gesagt, am Anfang könnte man das noch medikamentös regeln, aber sie werden über kurz oder lang nicht umhinkommen, das Ganze operieren zu lassen. Ganz einfach, um die Lebensqualität zu verbessern. Wenn nicht jetzt, dann irgendwann. Aber es wird einfach nicht besser. Es ist so und vielleicht bleibt es so. Vielleicht auch nur im Rahmen des Akzeptablen. Aber er sagt irgendwann ist es soweit. Und dann hab ich ihn nur noch gefragt, wie diese Operation aussehen kann. Und dann hat er mal die standardmäßig angebotene TURP beschrieben. So ganz kurz und schmerzlos. Und dann war auch dieses Gespräch vorbei, weil aufgrund seiner Besprechung oder seiner seiner Ankündigung, was da alles gemacht wird, hatte ich irgendwo dieses Gefühl. Nein, nein, nein, geht nicht. Da muss es was anderes geben. Ich mag den Urologen. Wir können gut miteinander. Aber diese Art der Therapie meiner BPH kommt so nicht in Frage. Naja, Florian. Das war dann der Moment, als ich mich erinnert habe, dass ich ja mal irgendwann deinen Bruder kennengelernt habe, über deinen Bruder, deinen Vater. Ich habe dann erfahren, was dein Vater so alles macht. Allerdings im Raum der Krebstherapie. Und das hat mir so gut gefallen, dass ich dich gefragt habe. Aber wenn man mit eurer Therapie Krebs behandeln kann, Tumore behandeln kann. Das müsste doch eigentlich auch mit gutartigem Gewebe gehen. Und das war dann der Moment, wo ich einfach gesagt habe: Florian, sei du bitte meine zweite Meinung. Informiere mich, wie siehst du das ganze Thema? Ich habe dir gesagt, was mir fehlt. Was sagst du dazu? Und es war der Moment, wo wir uns wieder getroffen haben.

Florian:
Ja. Ich geb natürlich aus radiologischer und aus therapeutischer Sicht gerne eine zweite Meinung, weil ich mich bis jetzt natürlich auch schon ausführlich mit der Prostata beschäftigt habe und eben jetzt nicht nur über die TURP, nicht nur über die Galvano-Therapie, sondern im Rahmen interventioneller Tätigkeiten auch mit vielen, vielen anderen lokal aplativen Maßnahmen beschäftigt habe und es letztlich so ist, dass wir in dieser Folge des Podcasts gar nicht ausführlich auf alle Therapieoptionen eingehen wollen und auch nicht eingehen können, weil wir der Meinung sind, dass die Therapieoptionen einen sehr großen Stellenwert im Rahmen dieses Podcasts haben sollen und wir dann auch zu dem jeweiligen Thema nicht nur angelesenes Wissen weitergeben wollen, sondern auch Spezialisten interviewen wollen, die mit dieser Materie wirklich tagtäglich zu tun haben. Also wir waren auf der Suche nach dem Urologen, der standardmäßig die TURP macht und wir waren auf der Suche nach dem Urologen der standardmäßig REZUM macht, haben Urologen interviewt, die aus ihrer Praxis heraus mit Patienten zu tun haben, die mit einer gutartigen Prostatavergrößerung zu tun haben, um mehr über die medikamentösen Möglichkeiten der Therapie zu erfahren. Und wenn wir das jetzt in einem kurzen Setting abhandeln würden, sind wir der Meinung, dass die einzelne Therapie viel zu kurz kommt.

Berhnard:
Mal ganz platt gefragt, ist diese BPH, weil sie sie so viele Männer haben, ein Krankheitsbild, was heute seitens der Medizin gut händelbar ist. Oder ist das ein Problemfall oder ist das eine Schwierigkeit. Ich tue mich als Patient immer schwer damit. Wenn ich heute eine Wunde habe, dann sagt man Okay, die muss genäht werden und alles ist okay. Wenn ich aber heute mit einer bedingende Prostatahyperplasie zum Doktor gehe und ich bekomme Gott sei Dank die Diagnose „BPH“ und eben keine Entzündung und auch kein Karzinom. Kann ich mich da wirklich drauf freuen, dass dieses Thema, irgendwann auch vernünftig gelöst ist. Oder ist das der Einstieg in eine Dauerbaustelle?

Florian:
Ja und nein. Wir wissen alle, dass mit steigendem Lebensalter über kurz oder lang jeder Mann mit der gutartigen Prostatavergrößerung zu tun hat. Damit ist es eine Diagnose, die extrem häufig gestellt wird. Weil die Diagnose so häufig gestellt wird, ist die BPH im deutschen Gesundheitswesen die 5. teuerste Erkrankung. Weil es eben schon sehr früh losgeht mit medikamentöser Therapie, mit operativen Maßnahmen, mit allem, was dazugehört. Aufgrund der großen Anzahl an Patienten haben sich über die Zeit viele Therapieoptionen entwickelt, die heute angeboten werden können. Dann hängt es letztlich davon ab, was das Krankenhaus für Therapien anbietet, womit man die besten Erfahrungen hat, wo man letztlich hin empfohlen wird. Wenn es eine Therapieoption ist, die einem nicht wirklich zupass kommt, ist es an der Zeit sich zu belesen und zu gucken, wo werden andere Therapieoptionen angeboten, um dann für sich zu entscheiden, welche Therapiemöglichkeit angewandt werden soll. Damit kann, wenn die Lebenserwartung 10 Jahre oder weniger ist, dieses Problem abschließend gelöst werden. Es ist allerdings auch so, dass Patienten mittlerweile mit Anfang oder Mitte 50 mit diesen Beschwerden schon auf uns Ärzte zukommen. Und dann muss man sagen, haben wir noch eine Lebenserwartung von 30, 35, vielleicht 40 Jahren. Und das eigentliche Problem, dass die Zellen in der Prostata sich vermehren, ist jetzt ja durch ein lokal-ablatives Verfahren, wie auch immer das aussehen mag, wo also lokale Zellen abgetragen werden nicht gelöst. Also die Prostatazellen wachsen ja auch nach der OP, nach REZUME, nach Galvano immer weiter, sodass, wenn der Platz, der geschaffen wurde, aufgebraucht ist, die gleiche Symptomatik wieder auftreten wird. Zwangsläufig wird der Druck auf die Harnröhre wieder größer werden und dann ist es eine Frage der Zeit, dauert es 10, 12 oder 15 Jahre, bis man wieder mit der gleichen Symptomatik konfrontiert ist. Ich habe ja am Anfang klar gesagt: Ja und Nein. Es hängt von vielen Faktoren ab, unter anderem vom Alter, von der Lebenserwartung, von der Therapie, die durchgeführt wird, ob es eine wiederkehrende Baustelle ist oder ob es in einem Schuss gelöst werden kann.

Berhnard:
So wie ich das verstehe, dass wenn mal irgendetwas mit der Prostata begonnen hat, egal in welcher Form, tue ich gut daran, mir einfach klarzumachen, dass die Prostata in ihrer Veränderung für mich eine „Kleine, mittlere oder große Dauerbaustelle werden kann“? Ist es ein Thema, das aufgrund von irgendeiner Therapie einfach wieder weg ist. Das heißt, eine vergrößerte Prostata wird nicht zwangsläufig kleiner gemacht, sondern wie du sagst, der Druck auf die Harnröhre wird verringert. Du sprachst von ablativen Verfahren. Die Prostata kann auch rausgenommen werden, aber es ändert nichts an der Tatsache, dass ein Prostatathema nicht einfach weggewischt werden kann. Das war’s dann. Und dann geht’s mir hinterher wieder so gut, als ob nie etwas gewesen wäre. Kann man das so sagen?

Florian:
Du verwechselt oder vermischt gerade zwei Sachen. Die Prostata wird im Rahmen der gutartigen Prostatavergrößerung ja eigentlich nie rausgenommen. Wenn die Prostata mal rausgenommen ist, und ich dann keine Prostatazellen mehr im Becken habe, dann vermehren die sich natürlich auch nicht mehr. Dann ist das Problem „gutartige Prostatavergrößerung“ geregelt. Aber das ist mit einer größeren OP verbunden ist. Die Prostata wird wegen einer gutartigen Prostatavergrößerung eingentlich nicht komplett entfernt, sondern man wird versuchen auf „kleinem Wege“ den Druck von der Harnröhre zu nehmen, um dann die Schwierigkeit des Wasserlassen zu beheben. Es muss jetzt nicht unbedingt zur Dauerbaustelle werden, sondern es ist zu erwarten, dass es über ein langes Intervall über Jahre keine Probleme damit gibt und dass dann eben wenn der Platz, der geschaffen wurde, aufgebraucht ist, diese Symptome wieder langsam zutage kommen. Dann ist es eine erneute Baustelle, aber nicht zwangsläufig eine Dauerbaustelle im Sinne von „ich habe jeden Tag Schwierigkeiten damit“.

Mir geht es hauptsächlich darum, dass ich mich emotional mit diesem Thema befasse und emotional heisst: Wenn ich ins Alter komme, ich merke, wie mein Körper sich verändert. Meine Muskelmasse lässt nach. Meine Muskelkraft lässt nach. Meine Falten im Gesicht werden mehr und die Prostata meldet sich. Das heißt, dass Prostata einfach auch eine eine ganz normale Begleiterscheinung des Älterwerdens ist. Und es gibt nie eine Garantie, dass eine BPH heute auch ein Leben lang eine BPH bleibt, sodass es durchaus sein kann, dass zu einer BPH, warum auch immer, eine Entzündung kommt. Oder das aus einer BPH oder einer Entzündung plötzlich irgendwann sich auch noch ein Tumor zeigt. Ob der dann behandelt werden muss, sei dahingestellt. Einfach nur, dass ich zu ihr Ja sagen muss. Ich muss sie akzeptieren. Ich muss akzeptieren, dass dort Veränderungen stattfinden und ich muss jederzeit mit allem Möglichen rechnen. Kann man das so sagen?

Florian:
Ja, kann man so sagen. Ich glaub das was du meinst ist, dass die Prostata im Alter ein Begleiter wird, dass man sich dessen bewusster wird, dass es die Prostata gibt und dass die Prostata unter Umständen auch Beschwerden macht. Dann ist das auf jeden Fall richtig.

Berhnard:
Okay. Jetzt frage ich mal ganz andersrum Was willst du als Doktor eigentlich von mir als Patient zu meiner BPH noch wissen, wie man sie behandelt, wie man sie diagnostiziert? Das weißt du auch. Gibt es irgendwas, was du aus deiner Sicht von deinem Patienten wissen möchtest?

Florian:
Ja. Und zwar, was mich in der Tat interessiert ist, der Anfang. Es ist ja ein schleichender Prozess. Es ist ja nicht so, dass man morgens aufwacht und sagt: Scheiße, jetzt hab ich es mit der Prostata. Wie hast du diesen Anfang erlebt? Hast du es verdrängt? Weil: Prostataproblem = alt? Und ich bin ja nicht alt, also hab ich kein Postataproblem. Ab wann war es also für dich innerlich klar? Und wann hast du gesagt: Okay, jetzt muss ich mich de facto um irgendeine Art der Therapie kümmern?

Berhnard:
Naja, du hast recht, es ist so ein schleichender Prozess. Ich vergleiche es mit nachlassender Sehstärke. Die berühmte Lesebrille. Man liest etwas. Es geht wunderbar. Irgendwann liest man wieder etwas. Man merkt, dass die Arme schon ein bisschen länger werden, irgendwann sind sie dann immer noch zu kurz. Dann fängt man an zu blinzeln und irgendwann kommt der Moment, auf gut Deutsch: Scheiße. So geht’s nicht mehr weiter. Und dann geht man halt zum Augenarzt und dann geht man zum Optiker und dann wird das entsprechend untersucht. Und dann hat man seine Brille. Bei der Prostata war es so etwas wie Wut. Wut, weil sie mich in meinem Tun, in meiner Arbeit, eingeschränkt hat. Und zwar so eingeschränkt, dass ich im Grunde genommen diese Tätigkeit nicht mehr ausüben konnte. Man muss sich das vorstellen, man man fährt auf der Autobahn. Das kann man jetzt praktisch sich vorstellen oder bildhaft. Man fährt auf der Autobahn mit 200. Die Blase drückt. Und es kommt kein Rastplatz. Und je mehr die Blase drückt, desto weiter sind die Rastplätze weg. Man fährt und fährt und fährt. Das Wasser schießt in die Augen. Und das Ganze wird im Unterstübchen richtig schmerzhaft. Das macht einen so wütend. Mich jedenfalls. Erstens, dass ich nicht gegangen bin, als ich konnte, weil ich gehen will wenn ich muss. Und das ist etwas ganz Schlechtes. Ich kann heute jedem nur empfehlen. Gehe wenn Du kannst, und nicht, wenn du musst. Es kann zu spät sein. Dann hatte ich einfach diesen Job und ich konnte ihn nicht mehr ausüben. Es ging nicht mehr. Ich musste aufhören. Das heißt, ich hab durch die BPH meinen Job verloren. Gut, ich gehe daran nicht zugrunde, weil ich diese Chauffeurs Dienstleistungen bereits als Rentner gemacht. Aber wenn das mein Einkommen gewesen wäre, meine primäre Einnahmequelle, dann hätte ich ein richtiges Problem gehabt, das wäre meine Existenz gewesen. Und wie gesagt, bei mir war es damals die Wut. Dass mein Körper in dieser Richtung für mich nicht mehr kontrollierbar war. Er hat bestimmt, wann ich aufwache und da spielt es keine Rolle, ob ich am Abend um 10 Uhr eine Flasche Bier getrunken habe oder nicht. Ich war alle zwei, drei Stunden wach. Die Wut über sich selbst, die Wut über den eigenen Körper und es geht nicht mehr, was eigentlich so schön sein könnte. Das war meine Triebfeder oder meine Ursache, dass ich gesagt habe: Jetzt ist Schluss. Es muss eine Lösung her.

Florian:
Und dann hat das alles ein Aspekt, der mir bislang ehrlich gesagt gar nicht bewusst war, dass es ja letztlich auch mit einem Kontrollverlust einhergeht. Wenn du sagst, ich kann nicht mehr frei bestimmen, wann ich gehe und wann ich aufwache und wie ich schlafe und wie fitt ich auch den Tag über bin. Und dann kann ich mir in der Tat vorstellen, dass es wirklich zu einem gravierenden innerlichen Problem wird, nicht nur im Organischen, sondern auch einem innerlichen Problem.

Berhnard:
Ja, das hat für mich wenig von einem medizinischem Problem. Man kennt ja Sportverletzungen, da tut einem etwas weh. Und ich habe mir beim Fallschirmspringen auch schon mal was gerissen und es wurde dann entsprechend genäht und geflickt. Es hat gedauert, sie ist wieder verheilt. Das ist alles reparierbar, wenn man so will. Da kann man sich eine Zeitlang nicht bewegen. Dann geht man zur Krankengymnastik, zur Physiotherapie und irgendwann geht es dann wieder, am Anfang schleppend, aber dann immer besser. Bei dieser Geschichte mit der BPH: Kontrollverlust – Ja und ich hab natürlich auch meinen Déja vu als kleiner Bub beim Skifahren. Wir hatten damals die geilste Bindung, die es je gehabt, es war die Marker mit dem langen Riemen und der lange Riemen, der musste X-mal um die Beine gewickelt werden und ich musste irgendwann mal zum Pinkeln. Und als Bob, der auch ein bisschen genant ist, musste man natürlich dann raus aus der Bindung und dann in den Wald rein. Man konnte dort einfach nur auf freier Piste pinkeln und ich stand da und ich hab’s einfach nicht geschafft. Mir ist alles runtergelaufen in der Hose, runter in die Schuhe. Ich gebe zu, dieses Bild kam immer wieder hoch. Und das ist schmerzhaft. Emotional sehr schmerzhaft. Und das war der Anfang. Florian. Du hast uns erzählt, was die Medizin zu sagen hat. Ich habe so ein bisschen meine Geschichte erzählt. Wenn von euch da draußen Fragen kommen, ja, stellen Sie uns bitte. Wir können auch gerne mal eine Frage und Antwortstunde machen auf eure Fragen. Wir sind da vollkommen flexibel. Ich freue mich auf die nächste Runde, auf den nächsten Podcast, das Thema werden wir rechtzeitig ankündigen. Wir halten uns noch ein bissel bedeckt, weil wir doch mit dem Mann im Gespräch sind, den wir als Gast haben. Und ja, aus meiner Sicht lebt wohl. Macht’s gut. Gruß an eure Prostata. Denk dran, es ist ein Teil von euch akzeptiert sie so wie sie ist. Und ansonsten findet den richtigen Doktor. Und ich bin sicher, dann kann auch diese Hürde genommen werden.

Florian:
Auch von meiner Seite: Ganz herzlichen Dank fürs Zuhören. Ich freue mich schon auf die nächste Folge und ich freue mich natürlich noch mehr, wenn ihr auch bei der nächsten Folge wieder mit dabei seid. Servus.